Verdunstung macht Klima
Der Berliner Gewässerkundler Professor Dr. Wilhelm Ripl öffnete mir die Augen, wie machtvoll verdunstendes Wasser unser Klima beeinflusst. Wasserdampf sorgt für weniger Extremwetterlagen: weniger extreme Hitze&Kälte, weniger extreme Regenfälle&Dürre >>> ein starker Ansatzpunkt für neue Lösungen in der Klimadebatte !
Die Jahresdurchschnittstemperatur in Deutschland liegt zwischen 8 und 10,5 Grad. Keiner von uns leidet darunter, wenn diese Durchnittstemperatur etwas höher oder niedriger ist. Aber wir leiden gegebenenfalls unter extremer Hitze im Sommer, unter extremer Dürre oder flutartigen Niederschlagen und orkanartiken Böen, die Dächer abdecken.
Den größten Einfluss auf solche Extremwetterlagen hat verdunstendes Wasser, erläutert der Berliner Gewässerkundler Prof. Ripl (Limnologe). Seit Jahrzehnten erforscht er, auf welche Weise Wasser, das über Wäldern und Wiesen verdunstet, unser Wetter so positiv beeinflusst. Seine wichtigsten Erkenntnisse sollen hier erklärt werden (z.T. in meinen Worten, und so wie ich ihn in seinen Interviews und Aufsätzen verstanden habe).
Alles beginnt mit der Sonne. Mit dem Sonnenschein kommt Energie in Form von Wärme oder Hitze auf die Erde. Dies geschieht pulsförmig, denn tagsüber scheint die Sonne und nachts nicht. Wie stark, ja wie heftig die Wirkung des Sonnenscheins sein kann, sehen wir überall dort, wo es nur Sandböden und keine Vegetation gibt: beispielsweise in den Wendekreiswüsten Sahara und Kalahari. Dort wird es tagsüber unerträglich heiß und nachts bitter kalt.
Wir Menschen leben lieber in gemäßigtem Klima. Wir wünschen uns einen Ausgleich zwischen der Hitze des Tages und der Kälte der Nächte. Wir wünschen uns auch häufigen, sanften Regen statt heftiger Regenfälle oder Dürre. Was aber sorgt auf unserem Planenten für diesen ersehnten Ausgleich? Einen Hinweis darauf gibt uns die Situation in den tropischen Regenwäldern, die gar nicht weit von den Wendekreiswüsten Sahara und Kalahari entfernt liegen. Dort sind die Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht gering. Und es regnet oft mehrfach täglich. Es herrscht also ein ausgeglichenes, gemässtigtes Klima. Wie kommt es zu diesem erfreulichen Effekt?
Das Geheimnis liegt in der großen verdunstungsfähigen Oberfläche, die gebildet wird aus den Blättern der vielen dichten Büsche und Bäume unterschiedlicher Höhe. Unsere Wälder, Wiesen und Böden, also die belebten Ökosysteme, verteilen die Sonnenenergie gleichmäßig, sie dämpfen Temperaturschwankungen. Sie haben also eine energie-zerstreuende Wirkung, die man in der Wissenschaft „dissipativ“ nennt.
Wie funktioniert diese Dämpfung von Temperaturschwankungen genau? Ein 20 Meter hoher Laubbaum mit 12 Metern Kronendurchmesser hat ca. 600.000 Blätter, die zusammen eine Blattfläche von etwa 1.200 Quadratmetern bilden. Der Baum verdunstet über seine Blätter etwa 400 Liter Wasser an einem einzigen sonnigen Tag. [i] Das Gegenteil passiert in der Nacht. Da bleibt insbesondere in den frühen Morgenstunden Tau auf den Blattoberflächen hängen, weil Wasserdampf aus der Umgebungsluft dort kondensiert.
Der großartige Temperatur-Dämpfungseffekt entsteht dabei durch die sogenannte ‚Verdunstungsenergie‘. Wasser verdunstet schon bei Raumtemperatur. Um aber vom flüssigen in gasförmigen Zustand
(Wasserdampf) überzugehen, braucht das Wasser viel Energie. Diese Energie wird bei der Verdunstung aus der Wärme der Umgebungsluft gezogen. Daher sorgt Verdunstung über die Blätter für Abkühlung.
Das kennt jeder, der an einem Sommertag einmal im Laubwald war. Dort ist es viel kühler, als auf offener Wiese. Dieser angenehme Effekt entsteht durch Verdunstung von Wasser über die Blätter.
Umgekehrt wird in kühlen Nächten in einem Laubwald Wärme freigesetzt, wenn Wasser in Form von Tautropfen an den Blättern kondensiert. Unter anderem deshalb ist es in einem Laubwald in den frühen
Morgenstunden weniger kalt, als auf einem geteerten Parkplatz.
Durch das Verdunsten und durch das Kondensieren von Wasser wird also enorme Menge Wärmeenergie gebunden und freigesetzt. Circa 2400 kJ Verdunstungsenergie pro Liter (0,63 kWh je Liter) sorgen für Temperaturausgleich zwischen Nachtminimum und Tagesmaximum. Der 20m hohe Baum aus dem obigen Beispiel bindet (bei 400 Litern Verdunstungsleistung innerhalb von 14 Stunden – das sind 28 Liter in 1 Stunde) immerhin 18 kWh. Mit der Energie könnte man auch 2.500 Kühlschränke den ganzen Tag laufen lassen. [1] Die Kühlungsleistung ist also tatsächlich enorm.
Verdunstung und Kondensation regeln zudem über Luftdruck und Temperatur auch die Wolkenverteilung und Gewitterphänomene. Das entscheidende Klimagas ist daher der Wasserdampf. Den größten Einfluss auf den Wasserkreislauf (und damit auf das Klima) haben dabei nicht die Meere, sondern die Vegetationsdecke mit ihren robusten Lebensprozessen. Denn wegen der großen Blattoberflächen übertrifft die Verdunstungsleistung aus den Vegetationsflächen[2] bewachsener Kontinente unter natürlichen Bedingungen die Verdunstung über dem Meer um ein Vielfaches.
Das erstaunliche Fazit:
>>> Die Vegetationsdecke ist somit der zentrale Schlüssel, um unser Klima zu stabilisieren oder zu destabilisieren. Daher müssen wir drei weitere Themen betrachten:
1.
Jeder Eingriff in dieses Atmungssystem der Vegetation und in den globalen Wasserhaushalt hat Einfluss auf unser Klima. Der Mensch hat, ohne die Konsequenzen zu kennen, in das natürliche Kühlsystem unseres Planeten eingegriffen: vor allem durch die Landwirtschaft und durch die Wasserwirtschaft. weiter
2.
Wenn wir erkennen, dass die Verdunstung über das Laub von Büschen und Bäumen, das einzige System ist, welches die Erde effektiv kühlt, dann ist klar, was zu tun ist: wir müssen Büsche und Bäume pflanzen. Weltweit. Eine Wiederbegrünung der Welt. weiter
3.
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[2] (bei einem Blattflächenindex der Vegetation von zwischen fünf und zehn)
[3] siehe dazu die Arbeiten von Gorshkov und Makarieva, Petersburg 1990 bis heute, www.bioticregulation.ru/pubs/pubs2.php